Was für ein Tag! Am 9. November 2024 jährte sich die Grenzöffnung zum 35. Mal. Im Zentrum der Feierlichkeiten stand in diesem Jahr Harbke. Nicht nur, dass aus diesem Anlass die Ministerpräsidenten von Niedersachsen und Sachsen-Anhalt zu einer gemeinsamen Feier ans Ufer des Lappwaldsees eingeladen hatten. Am Nachmittag fand im Kulturhaus Harbke ein Poetry-Slam zum Thema "Viermal grenzenlose Freiheit" statt. Zu beiden Veranstaltungen spielten Jugendliche des Gymnasiums am Bötschenberg die Theaterszene "Ich habe nie daran geglaubt und dann war sie offen ...".
Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil würdigte am Lappwaldsee den historischen Tag und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit folgenden Worten: „Die Entschlossenheit und Zivilcourage vieler Menschen der DDR führten zum Fall der Mauer. Für mich ist und bleibt der 9. November 1989 aber auch mit einem weiteren Wert verbunden: der Solidarität. Die Menschen in der Bundesrepublik und in der DDR haben auch unter schwierigsten Bedingungen zueinander gehalten und dafür gesorgt, dass Gesprächsfäden nicht abrissen. Gerade in den ehemaligen Grenzgebieten sind trotz Trennung durch den ‚Eisernen Vorhang‘ in vielen Fällen Kontakte nicht abgerissen. All das bereitete mit den Boden, auf dem Friedliche Revolution, Grenzöffnung und Wiedervereinigung gedeihen konnten."
Weil erinnerte auch daran, welche Freude, Hilfsbereitschaft und Solidarität der Mauerfall 1989 bei vielen Menschen ausgelöst hat. "Denken wir an die vielen schönen Bilder von sich in den Armen liegenden Menschen. Bei allen bestehenden Problemen sollten wir uns gerade an diesem Tag daran erinnern, dass Freiheit keine Selbstverständlichkeit ist. Auch Solidarität muss in einer lebendigen Demokratie stetig erneuert und lebendig gehalten werden. Lassen Sie uns deshalb weiterhin das Verbindende, nicht das Trennende betonen. Niedersachsen und Sachsen-Anhalt tun das seit Jahren mit Erfolg. Wir freuen uns, gemeinsam diesen besonderen Jahrestag zu begehen und ein Zeichen der Einheit und Zusammenarbeit in der Region Helmstedt-Harbke zu setzen.“
Der sachsen-anhaltinische Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff betonte insbesondere den Mut und den Freiheitswillen der Menschen in der ehemaligen DDR: „Im kollektiven Gedächtnis hat sich der Fall der Mauer tief eingeprägt. Aber der 9. November 1989 wäre ohne den 9. Oktober in Leipzig, ohne den 26. Oktober in Halle, ohne die Demonstrationen in Wittenberg, Magdeburg, Dresden, Plauen und in vielen anderen Orten der DDR undenkbar gewesen. Den Drang nach Freiheit kann man nicht dauerhaft unterdrücken. Am Ende triumphierten der Mut, die Selbstermächtigung und der Freiheitswille der Menschen über die Diktatur. Der Mut von Hunderttausenden brachte die Mauer zum Einsturz. Mit ihrer friedlichen Revolution stießen die Menschen in der DDR die Tür zur Gestaltung einer neuen Gesellschaft auf. Freiheit hat zwar ihren Preis, aber sie verbindet und überwindet Grenzen. Auch das ist eine bleibende und zentrale Botschaft des Herbsts 1989. Der Fall der Mauer und die Deutsche Einheit zählen zu den glücklichsten Momenten der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Unsere Geschichte kennt nicht viele solcher großen Freiheitsmomente. Und das wollen wir heute gemeinsam feiern.“
Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums am Bötschenberg in Helmstedt nahmen die Gäste beider Veranstaltungen in Harbke mit auf eine Zeitreise. Die Jugendlichen hatten in den eigenen Familiengeschichten geforscht, Eltern und Großeltern befragt und überraschende Einzelheiten zutage befördert. Aus den Geschichten stellten sie die szenische Collage "Ich habe nie daran geglaubt und dann war sie offen“ zusammen. Die Aufführung rührte nicht nur Ministerpräsident Haseloff zu Tränen. Das Publikum dankte den 13.-Klässler/-innen mit stehenden Ovationen, die Braunschweiger Zeitung berichtete.
Mit ganz persönlichen Erinnerungen und Gedanken bereicherten vier Poetry-Slammer die Veranstaltung im Harbker Kulturhaus. Dominik Bartels, Josephine von Blueten Staub, Julian Henry Raab und Henrik Szántó zeichneten ein teils lustiges, teils nachdenkliches Bild auf einen unerwarteten Mauerfall und seine Folgen.
Dr. Felix Ludwig bereitete die Veranstaltung in seiner Funktion als kommissarischer Leiter der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn konzeptionell und organisatorisch vor und übernahm auch die Moderation. Als Kooperationspartner waren der Verein Grenzenlos - Wege zum Nachbarn e.V., das Zonengrenz-Museum Helmstedt und die Politische Bildungsstätte Helmstedt mit im Boot.